Rückenbeschwerden gehören zu den Volkskrankheiten in Deutschland. Bei vielen Betroffenen führen sie zu Arbeitsausfällen: Laut dem DAK Gesundheitsreport war fast jeder fünfte Fehltag im ersten Halbjahr 2022 auf Muskel-Skelett-Erkrankungen zurückzuführen. Nicht nur stundenlanges Sitzen am Schreibtisch ist problematisch. Auch schweres Heben und Tragen oder das Arbeiten in unnatürlichen Positionen wirken sich auf Dauer auf die Gesundheit von Mitarbeitern aus.
Wie lässt sich dies verhindern? Zu einer Lösung könnten Exoskelette beitragen. Dabei handelt es sich um Assistenzgeräte, die über der Kleidung getragen werden. Sie entlasten bestimmte Körperregionen wie den Rücken oder die Arme. Aktive Modelle unterstützen die Bewegung dank eines eingebauten Antriebs – sie benötigen also externe Energie. Das macht sie im Gewicht meist etwas schwerer. Passive Modelle lenken die Belastung auf andere Körperteile um. Das Ziel ist, körperliche Beschwerden im Sinne der Prävention zu vermeiden oder bei bestehenden Erkrankungen den Arbeitsalltag zu erleichtern und einer Verschlimmerung vorzubeugen.
Genutzt werden Exoskelette bereits in der medizinischen Rehabilitation, wo sie Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen unterstützen können. Auch die Bundeswehr interessiert sich für Exoskelette, um sie zukünftig eventuell in der militärischen Logistik einzusetzen. In der Arbeitswelt sind die Assistenzsysteme nicht sehr weit verbreitet – zumindest noch nicht.
Exoskelette beschäftigen die Wissenschaft
Die Frage, wie hilfreich Exoskelette in verschiedenen Arbeitsumgebungen sind, ist noch nicht umfassend geklärt. Wissenschaftler interessieren sich für verschiedene Aspekte. So läuft bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin eine Studie, mithilfe derer bewertet werden soll, wie sich das Tragen eines Exoskeletts langfristig auf den Körper auswirkt. Mehrere Fraunhofer-Institute arbeiten ebenfalls an Studien. Sie wollen beispielsweise klären, wie Exoskelette die Leistungsfähigkeit des Personals beeinflussen und für welche Tätigkeiten sie geeignet sind.
Auch die Deutsche Unfallversicherung hat sich bereits mit dem Thema befasst. Sie weist darauf hin, dass Exoskelette dann sinnvoll sind, wenn Arbeitsplätze nicht durch technische Hilfsmittel wie Gabelstapler, Hubwagen oder Vakuumheber ergonomischer gestaltet werden können. Durch das zusätzliche Gewicht der Assistenzsysteme sieht sie bei Stürzen eine höhere Gefahr für Verletzungen.
In welchen Branchen Exoskelette genutzt werden
Derweil testen einige Unternehmen in der Praxis, ob und wie Exoskelette ihre Mitarbeiter in ihren täglichen Aufgaben unterstützen. Zum Einsatz kommen die Geräte etwa in der Industrie und Logistik sowie im Handwerk. Auch rentem hat sich für diesen Weg entschieden. Insbesondere in der firmeneigenen Werkstatt ist körperliches Arbeiten notwendig, etwa beim Heben von schweren Reifen oder Batterien.
Manche Wartungs- und Reparaturarbeiten an Baumaschinen erfordern das Hantieren über Kopf. Eine Fachkraft für Arbeitssicherheit, die rentem berät, brachte daher den Einsatz eines Exoskeletts für einen Techniker ins Spiel.
Der Mitarbeiter, dessen Namen wir aus Persönlichkeitsgründen nicht nennen, leidet seit rund zwanzig Jahren an einer Rückenerkrankung. Sie verursacht stetig brennende Schmerzen. Für Kerstin Kluge, Syndikus-Steuerberaterin bei rentem und zuständig für die Betreuung der Mitarbeiter, war klar: „Diesen Vorschlag greifen wir gerne auf und probieren es aus!“
Mitarbeiter positiv vom Exoskelett überrascht
So nutzten sie und ihr Kollege aus der Werkstatt die Gelegenheit, ein Exoskelett bei einem „Demo Day“ des Herstellers ottobock zu testen. Bierkästen habe sie mühelos tragen können, erzählt Kerstin Kluge: „Es ist wirklich faszinierend, wie leicht es plötzlich war. Als ich das Exoskelett dann abgelegt habe, habe ich erst gespürt, dass die Oberschenkel beansprucht worden waren.“
Auch der rentem-Techniker war positiv überrascht: „Ich muss zugeben: Ich war erst skeptisch, ob bei mir ein Exoskelett wirklich etwas bringt. Aber ich wurde eines Besseren belehrt. Das Gerät hat meinen Rücken gleich so unterstützt, dass ich eine deutliche Linderung meiner Schmerzen gespürt habe.“ Zusätzlich probierten die beiden ein Exoskelett aus, das die Arme bei Arbeiten über Kopf in der Höhe hält. Die Schultern werden entlastet, das Gewicht auf die Hüfte übertragen.
Exoskelett begleitet rentem-Techniker im Arbeitsalltag
Der positive Praxistest hat rentem kürzlich dazu bewogen, beide Exoskelette zu erwerben. Vor- und nachmittags trage er die Exoskelette nun je zwei Stunden, erzählt der Techniker: „Bei schweren Tätigkeiten wie Räder- und Antriebswechseln ist es wirklich eine Erleichterung. Das Brennen im Rücken ist weg.“ Nur beim Fahren der Baumaschinen sei der „Rucksack“ nicht ganz so praktisch.
Kerstin Kluge ist froh, dass das Exoskelett den Arbeitsalltag ihres Kollegen erleichtert: „Wir fördern im Unternehmen die Gesundheit der Beschäftigten und investieren in geeignete Arbeitsmittel. Das ist für alle Beteiligten eine viel bessere Lösung, als dass ein Mitarbeiter krankheitsbedingt ausfällt oder gezwungen ist, sich beruflich umzuorientieren.“
Finanzielle Unterstützung beim Erwerb der mehrere Tausend Euro teuren Assistenzsysteme hat das Integrationsamt zugesagt. Der rentem-Techniker zeigt sich erfreut: „Ich bin sehr dankbar, dass rentem die Exoskelette angeschafft hat. Ich habe in meiner beruflichen Laufbahn noch keinen Arbeitgeber erlebt, der so auf seine Mitarbeiter achtet.“
Weitere Infos zu den Exoskeletten von ottobock gibt’s hier: https://ottobockexoskeletons.com/
Quellenangabe für alle Bilder: Ottobock Bionic Exoskeletons